Gerichtsentscheidung: Zivilprozessrecht



Zivilprozeßrecht: Streitwert bei ebay-Auktionen

Landgericht Flensburg
Beschluß vom 21.07.2004, 7 T 34/04


In dem Rechtsstreit

des Herrn X,

- Beklagter und Beschwerdeführer -

Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwältin K,

g e g e n

Frau Y,
- Klägerin und Beschwerdegegnerin -

Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Löwenstein & Banhegyi, Altenritter Straße 9, 34225 Baunatal,

hat die 7. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht B als Einzelrichter am 21.07.2004 beschlossen:

    Die Beschwerde des Beklagten vom 07.05.2004 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Flensburg vom 11.08.2003 wird verworfen.

    Das Verfahren ist gebührenfrei.

    Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den Streitwertfestsetzungs- beschluß vom 11.08.2003.

Die gemäß § 25 Abs. 3 GKG eingelegte Beschwerde, der das Amtsgericht durch Verfügung vom 12.05.2004 nicht abgeholfen hat, wird verworfen, da sie verspätet ist.

Die Beschwerde ist gemäß § 25 Abs. 3 Satz 3 GKG nur zulässig, wenn sie innerhalb der in Absatz 2 Satz 3 bestimmten Frist eingelegt ist; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Nach § 25 Abs. 2 Satz 3 GKG ist eine Änderung nur innerhalb von 6 Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

Der Kostenbeschluß gemäß § 91a ZPO vom 23.06.2003 ist beiden Parteien am 01.07.2003 zugestellt worden. Mit Ablauf der Frist zur sofortigen Beschwerde von 2 Wochen ist die nicht angegriffene Entscheidung in der Hauptsache am 15.07.2003 rechtskräftig geworden. Der Streitwertbeschluß vom 11.08.2003 ist den Parteien noch im August 2003 zugegangen. Die Beschwerde ist hingegen erst am 07.05.2004 eingelegt worden. Sie ist also verspätet.

Die Beschwerde wäre auch als unbegründet zurückzuweisen gewesen.

Maßgeblich für die Festsetzung des Streitwertes ist der Verkehrswert. Die widerstreitenden Ansichten der Parteien gehen dahingehend auseinander, daß - so der Beklagte - der tatsächlich bei ebay erzielte Verkaufspreis maßgeblich sei, bzw. - wie die Klägerin meint - der im Gebrauchtbuchhandel einzusetzende Betrag als Wert zu veranschlagen sei.

Hierzu ist auszuführen, daß der maßgebliche Unterschied zwischen ebay und dem Gebrauchtbuchhandel darin liegt, daß bei ebay im Rahmen einer Auktion der zu diesem Zeitpunkt tatsächliche Preis zustande kommt, den der ebay-Markt reguliert. Zweifel an der Allgemeingültigkeit dieses Preises bestehen jedoch aus vielschichten Gründen, hauptsächlich auf Grund der Tatsache, daß der ebay-Markt nicht den gesamten Gebrauchtgüter-Markt repräsentiert. Zum einen gibt eine bei ebay durchgeführte Auktion immer nur den momentanen Wert an, den bei ebay registrierte Benutzer bereit sind, für den Artikel zu zahlen. Daher ist der Adressatenkreis des Auktionsangebotes schon eingeschränkt. Wenn teilweise bei Internet-Auktionen Ware wesentlich günstiger verkauft wird als im entsprechenden Gebrauchtgüter-Handel, so hat dies zum einen seine Ursache darin, daß nur ein Segment eines potentiellen Käufermarktes angesprochen wird. Auch hängt der Erfolg bei Internet-Auktionen maßgeblich daran, wie das einzelne Angebot auf der Plattform präsentiert wird. Attraktiv gestaltete Angebote, die sich schon durch Layout und Beschreibung von der Masse abheben, erzielen dort häufig deutlich größere Umsätze, als identische Artikel mit schlichterem und damit unauffälligerem Äußeren. Daher liegt es auch immer an dem jeweiligen Geschick des Auktions-Anbieters, sich selbst mit Hilfe eines möglichst umfangreichen und positiven Bewertungsprofils als attraktiven Anbieter darzustellen.

Der Markt bei ebay folgt also ganz spezifischen Gesetzmäßigkeiten, wie sie nur bei Auktions-Plattformen im Internet anzutreffen sind. So ist es dort, wie auch bei konventionellen Auktionen, Glückssache, einen Artikel zu einem günstigen oder einem höheren Preis erwerben zu können. Wenn bei einer konventionellen Auktion der begrenzte Interessenkreis im Plenum sitzt und Gebote abgeben kann, so ist ein Angebot bei ebay ebenso auf den Nutzerkreis dieses Systems beschränkt. Mag die hohe User-Zahl bei ebay für den Erfolg des Geschäftskonzepts sprechen, so kann hieraus noch kein allgemeingültiger Preisindex, gebildet aus Einzel-Auktionen, die sich selten genau gleichen, herausgelesen werden.

Im Vergleich zu einer antiquarischen Buchhandlung wird bei einer Auktion gerade nicht der Aritkel zu einem bestimmten Zeitpunkt zu dem Preis verkauft, der zu diesem Zeitpunkt höchstens erzielt werden kann. Die Preisgestaltung im Gebrauchtbuchhandel ist somit längerfristig und auf kontinuierlichen Ver- und Ankauf angelegt. Sie ist Spiegelbild des Käuferverhaltens einerseits und Wiedergabe der Verfügbarkeit der Artikel andererseits.

Daher ist dies der maßgebliche Wert, den man einsetzen muß, um einen bestimmten Artikel tatsächlich mit einer gewissen Sicherheit erwerben zu können, und der nicht davon abhängt, ob Benutzer einer personenmäßig eingegrenzten Plattform überwiegend private Angebote ausschreiben.

Der Wert der Sache, auf den es nach § 6 ZPO maßgeblich ankommt, kann nicht danach zu bemessen sein, daß eine abstrakte Möglichkeit besteht, bei ebay vergleichbare Auktionen zu entdecken. Bei ebay eine inhaltlich komplett identische Auktion zu finden, stellt in dem vorliegenden Bereich schon allein zeitlich einen immensen Aufwand dar. Der Erfolg eines solchen Unterfangens ist jedoch in Gänze ungewiß. So ist das Zeitfenster, innerhalb dessen eine derartige Auktion laufen könnte, überhaupt nicht zu bestimmen. Hierbei könnte es sich um Stunden, Tage, Wochen oder Monate handeln. Die sich sodann anschließende Frage nach dem einzusetzenden Betrag, um den Zuschlag zu bekommen, ist ebenso unbestimmbar.

Also bleibt festzustellen, daß ein realistischer Preisspiegel nur über den artikelmäßig ausreichend bestückten Handel zu gewinnen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 25 Abs. 4 GKG.



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