Streitschlichtung

    In den letzten Jahren ist in Deutschland das Thema der Beilegung von Konflikten schon im Vorfeld eines sich abzeichnenden Gerichtsverfahrens, wieder verstärkt ins Blickfeld gerückt.

Diese Art der Konfliktlösung ist im Vergleich zu einigen europäischen Nachbarn, den USA und Japan, in Deutschland nicht sehr verbreitet. Hingegen hat sie in den Niederlanden, trotz gemeinsamer Rechtstradition, vergleichbaren Gerichtsstrukturen und Verfahrensregeln wie in Deutschland, sowie ähnlichen sozialen und ökonomischen Bedingungen, viel mehr Verbreitung gefunden hat. Das Prozeßaufkommen in Relation zur Bevölkerung beträgt im Vergleich zu Deutschland lediglich 1/3.


Die Regelung auf Bundesebene

Auf Bundesebene wurde am 04.05.1999 die sog. Öffnungsklausel des § 15 a EGZPO verabschiedet.

Ziel war es, den einzelnen Bundesländern innerhalb eines bestimmten Rahmens die Möglichkeit in die Hand zu geben, den Versuch einer außergerichtlichen Einigung als Zulässigkeitsvoraussetzung für die Klage vor Gericht festzusetzen. Dabei hat der Bundesgesetzgeber einen Katalog von bestimmten Streitsachen festgelegt, für die dieses Verfahren möglich ist.

Durch die Einführung sollen die deutlich gestiegenen Eingangszahlen bei den Amtsgerichten ausgeglichen und die Rechtspflege entlastet werden. Gleichzeitig sollen Konflikte rascher und kostengünstiger bereinigt werden.


Die Regelung in Hessen

Am 30.01.2001 ist vom Hessischen Landtag das Gesetz zur Regelung der außergerichtlichen Streitschlichtung verabschiedet worden. Das Gesetz trat am 13.02.2001 in Kraft und findet Anwendung auf Klagen, die nach dem 31.05.2001 bei Gericht eingehen. Kurzzeitig mußte bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten vor den Amtsgerichten mit einem Gegenstandswert von weniger als 750,00 Euro zuvor ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren durchgeführt werden. Diese Regelung erwies sich jedoch als unpraktikabel und wurde wieder abgeschafft.

Die außergerichtliche Streitschlichtung ist zwingend durchzuführen bei:

bei nachbarrechtlichen Streitigkeiten
Streitigkeiten über Ehrverletzungen, die außerhalb von Presse und Rundfunk begangen wurden.

Das heißt, die Erhebung einer Klage in derartigen Angelegenheiten ist erst dann zulässig, wenn zuvor der Versuch einer außergerichtlichen Streitbeilegung durchgeführt wurde.

Es gibt jedoch auch Ausnahmen, in denen die außergerichtliche Streitschlichtung nicht durchgeführt werden muss. Beispielhaft seien hier genannt:

es wurde bereits ein Mahnverfahren durchgeführt oder
bei Streitigkeiten in Familiensachen oder
bei Klagen, für die bereits nach anderen Vorschriften ein obligatorisches Vorverfahren angeordnet.

Soweit die Parteien nicht in demselben Landgerichtsbezirk wohnen oder ihren Sitz oder ihre Niederlassung haben, ist ein Schlichtungsversuch ebenfalls nicht erforderlich.


Wer führt die außergerichtliche Streitschlichtung durch?

Zuständig für die Durchführung der Streitschlichtung sind sog. Gütestellen. Zuständig ist dabei jeweils die Gütestelle, in deren Bezirk die Gegenpartei wohnt, ihren Sitz oder ihre Niederlassung hat.

Bei Ansprüchen aus Miet- oder Pachtverhältnissen über Räume, ist entscheidend, in welchem Gütestellenbezirk die Räume liegen.

Es gibt zunächst Gütestellen, die von der Landesverwaltung eingerichtet oder anerkannt wurden sowie Gütestellen bei den Verbraucherverbänden oder Schlichtungsstellen der Handwerkskammern.

Aber auch Mitglieder der Rechtsanwalts- und Notarkammern, können Schlichtungsperson sein. Hierauf beziehen sich auch die weiteren Informationen.


Wie läuft die außergerichtliche Streitschlichtung beim Anwalt ab?

Die rechtssuchende Partei stellt einen Antrag auf Durchführung der außergerichtlichen Streitschlichtung, im hiesigen Gerichtsbezirk bei der Rechtsanwaltskammer Kassel, Karthäuserstrasse 5 A in 34117 Kassel.

Der Antrag muß enthalten:

Namen und Anschriften der beteiligten Parteien
den Gegenstand des Streites sowie einen bestimmten Antrag
die Unterschrift der antragstellenden Partei
bei Antragstellung durch einen Bevollmächtigten eine schriftliche Originalvollmacht.

Der Antrag kann schriftlich und in dreifacher Ausfertigung eingereicht werden oder mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle der Rechtsanwaltskammer Kassel erklärt werden.

Die Geschäftsstelle leitet den Antrag an die Schlichtungsperson weiter, deren Zuständigkeit sich aus dem Wohnort der Antragsgegner (Amtsgerichtsbezirk) ergibt.

Soweit dem Amtsgerichtsbezirk mehrere Schlichtungspersonen zuständig sind, kann der Antragssteller eine Schlichtungsperson auswählen. Dies hat mit Antragstellung zu erfolgen. Der als Schlichtungsperson bestellte Anwalt setzt sodann den Sitzungsort und den Verhandlungstermin fest. Ziel des Verfahrens ist es, eine gütliche Einigung der Parteien herbeizuführen.

Soweit eine Einigung nicht erreicht werden kann, weil

der Antragsgegner der Verhandlung unentschuldigt ferngeblieben ist oder unentschuldigt die Schlichtungsverhandlung verlassen hat;
eine Einigung nicht zustande gekommen ist

stellt die Rechtsanwaltskammer Kassel der antragstellenden Partei eine sog. Erfolglosigkeitsbescheinigung aus. Diese dient der Vorlage bei Gericht.


Welche Kosten entstehen dem Antragsteller?

Die Rechtsanwaltskammer Kassel erhebt für jeden Schlichtungsantrag einen Kostenvorschuss in Höhe von 155,00 €. Darin sind bereits die Gebühr der Gütestelle und das Honorar des Schlichters/der Schlichterin zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer sowie die Zustellungskosten für die Ladungen der Parteien enthalten.

Soweit mit Zustimmung der Parteien ein Ortstermin im Rahmen des Schlichtungsversuchs durch den Schlichter festgesetzt wird, ist ein weiterer Betrag in Höhe von 50,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer zu zahlen. Des weiteren sind dem Schlichter die entstandenen Fahrtkosten zu ersetzen.

Nach Durchführung des Schlichtungsverfahrens erteilt der Schlichter dem Antragsteller eine Endabrechnung über die tatsächlich entstanden Gesamtkosten.


Erfolgreiches Modell?

Nach einigen Jahren der Erprobung darf man am Erfolg des Modells der außergerichtlichen Streitschlichtung durchaus Zweifel anmelden. Der Weg zu den ordentlichen Gerichten läßt sich nur in wenigen Fällen vermeiden. Da der Einreichung einer Klage zumeist bereits monatelange erfolglose Verhandlungen zwischen den Parteien und/oder deren Anwälten vorausgegangen sind, erscheint ein Schlichtungsversuch nicht selten aussichtslos und wird von vielen Beteiligten als reine Förmelei angesehen, die zusätzliche Kosten verursacht. Viele Parteien sind zudem nicht geneigt, der Rechtsauffassung ihres Anwalts oder des Schlichters Glauben zu schenken, sondern wünschen "Schwarz auf Weiß" in einem Gerichtsurteil zu lesen, wer in der Sache Recht hat. Soweit es um vermögensrechtliche Ansprüche geht (z.B. Schadensersatz und Schmerzensgeld für Ehrverletzung) kann die Streitschlichtung durch die vorherige Durchführung eines gerichtlichen Mahnverfahrens umgangen werden.




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